Gemeinsamer Einwand zum Regionalplanentwurf von den betroffenen Bürgerinitiativen Kreis Olpe und Umgebung

Nachfolgend finden Sie nun den Text der Gemeinschaftseinwendung, der Sie sich per unterschriebener und frankierter Postkarte anschliessen können.
Infoflyer und Postkarte wurden bereits an die Haushalte im Frettertal verteilt.
Wichtig: Ende der Eingabefrist für die Einwendungen: 30. Juni 2021. Bis dahin müssen die Einwendungen in Arnsberg eingegangen sein.
Alternativ finden Sie unter Einwendungen Formulierungshilfe eine Auswahl von Themen mit passenden Texten, die Sie per Copy& Paste für Ihre persönliche Einwendung nutzen können.

An die
Bezirksregierung Arnsberg
Dezernat 32 – Regionalentwicklung
Seibertzstraße 2
59821 Arnsberg
Per E-Mail  beteiligung-mk-oe-si@bra.nrw.de

28.05.2021

Entwurf zur Neuaufstellung des Regionalplans –
räumlicher Teilplan Märkischer Kreis, Kreis Olpe, Kreis Siegen-Wittgenstein
hier: Darstellung von Windenergiebereichen (WEB) als Vorranggebiete
(Ziffer 8.1-1 Z Windenergiebereiche)

Sehr geehrte Damen und Herren,

als Vereinigung der örtlichen Bürgerinitiativen im Kreis Olpe und Umgebung fordern wir den Regionalrat zu dem Entwurf des Regionalplans für den Regierungsbezirk Arnsberg – räumlicher Teilplan Märkischer Kreis, Kreis Olpe, Kreis Siegen-Wittgenstein auf,

  1. das Erarbeitungsverfahren in Bezug auf den Plansatz 8.1-1 Z Windenergiebereiche einzustellen, bzw.
  2. über den Plansatz 8.1-1 Z Windenergiebereiche so lange nicht zu entscheiden, bis die Pandemie bedingten Beschränkungen der Ausübung von Grundrechten zur politischen Betätigung im öffentlichen Raum außer Kraft gesetzt sind, und
  3. nach Aufhebung dieser Beschränkungen eine erneute Offenlage für die Dauer von mindestens drei Monaten mit der Möglichkeit von Einwendungen durchzuführen.

Unter Protest gegen die Offenlage des Entwurfs trotz Pandemie bedingter Grundrechtsbeschränkungen und unter dem ausdrücklichen Vorbehalt einer Klage wegen der Verletzung der Mitwirkungsrechte der betroffenen Öffentlichkeit nehmen wir zu dem Plansatz 8.1-1 Z Windenergiebereiche Stellung wie folgt:

Der Plansatz 8.1-1 Z Windenergiebereiche ist ersatzlos zu streichen!

Für die Darstellung von Windenergiebereichen (WEB) als Vorranggebiete fehlt es bereits an einem unverzichtbaren begründeten Planungserfordernis.

Kein Planungserfordernis für WEB in der Teilregion

Der Landesentwicklungsplan (LEP) regelt im Grundsatz 10.2-2, dass Gebiete für die Nutzung der Windenergie als Vorranggebiete in den Regionalplänen festgelegt werden „können“. Der Regionalrat hat nicht hinreichend dargelegt, weshalb er von dieser Option Gebrauch macht. Dazu wäre ein – nicht existierender – Fachbeitrag mit aktuellen Daten notwendig, in dem insbesondere ein konkreter Bedarf an WEA in den Kreisen MK OE, und SI darzulegen wäre. Ein solcher Bedarf ist nicht ermittelt worden.

Kein gesetzliches Ausbauziel für ca. 1.300 Windräder in der Teilregion

Die einschlägigen Vorschriften, also das Landesplanungsgesetz (LPlG), das Raumordungsgesetz (ROG), das Baugesetzbuch (BauGB), das Bundes- und Landesklimaschutzgesetz und auch der Landesentwicklungsplan NRW (LEP) enthalten keine bindenden flächenbezogenen Mindestvorgaben (in ha oder in TWh/a) für die Darstellung von Bereichen, in denen ein Baurecht für Windenergieanlagen geschaffen werden müsste. Ein Regionalplan darf gemäß dem LEP außerhalb der Vorranggebiete keine Windräder verbieten. Daraus folgt, dass die Regionalplanung der Windkraft auch keinen „substanziellen“ oder „angemessenen“ Raum schaffen muss.

Verstöße gegen den Landesentwicklungsplan NRW

Nahezu sämtliche WEB liegen im Wald. Der Entwurf verstößt gegen das LEP-Ziel 7.3-1, wonach Wald nur ausnahmsweise zur Deckung eines bezifferbaren konkreten Bedarfs für Windkraft in Anspruch genommen werden darf. Da keine Bedarfsanalyse für den Planungsraum vorliegt, sind die Kriterien für eine pauschale regionalplanerische Ausnahme vom Verbot, Windräder im Wald zu errichten und zu betreiben, nicht erfüllt. Diese Ausnahme kann zurzeit nur in Bezug auf Flächennutzungspläne mit Planvorbehalt für WEA gelten, da allein hier eine substanzielle Ausweisung von Flächen für Windräder unter Inanspruchnahme von Waldflächen in Betracht kommen kann.

Im LEP heißt es, dass in NRW z.B. wegen der Topografie nicht alle Planungsgebiete den gleichen Beitrag zum Ausbau der Windenergie leisten müssen und dass als Vorranggebiete nur „besonders geeignete Standorte raumordnerisch gesichert und von entgegenstehenden Nutzungen freigehalten“ werden sollen (Erl. zu 10.2-2). Stattdessen werden keine „besonders geeigneten“ Bereiche, sondern von 94 Potentialflächen für Windkraft gleich 89 als WEB zeichnerisch dargestellt. Der LEP-Grundsatz 10.2-3 (Vorsorgeabstand 1.500 m) wird zu diesem Zweck abwägungsfehlerhaft ganz pauschal und flächendeckend missachtet, um trotz fehlender Bedarfszahlen einfach nur „mehr“ WEB generieren zu können.

Eklatanter Verstoß gegen das planerische Abwägungsgebot

Der Regionalpanentwurf verstößt systematisch gegen das Abwägungsgebot, indem darin WEB an Stellen im Planungsraum vorgesehen sind, wo die geplante Windenergienutzung ausweislich des Umweltberichts (Steckbriefe) erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen auf Mensch, Natur und Landschaft und hochwertige Kulturgüter etc. (Belange) haben würde. Zu Unrecht sind diese einer Darstellung als WEB entgegenstehenden Belange durchweg hintangestellt worden, weil die „Bedeutung der Fläche für die regenerative Energiegewinnung“ stets als gewichtiger eingestuft wurde. Da keine Verpflichtung besteht, eine bestimmte Anzahl an Vorranggebieten für Windräder im Regionalplan für die Teilregion festzulegen, hätte das Gewicht der „Bedeutung der Fläche für die regenerative Energiegewinnung“ aber selbst einer differenzierten Abwägung unterzogen werden müssen. Dieses Versäumnis führt zu einer willkürlichen Überbewertung des vom Regionalrat verfolgten maximalen Ausbauziels. Die 89 zeichnerisch dargestellten WEB wären daher im Falle einer Übernahme in den Regionalplan aufgrund dieses nicht nachträglich heilbaren methodischen Fehlers allesamt nicht als ein „Ziel der Raumordnung“ zu beachten (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 19.11.2020, Az.: 5 S 1107/18, Juris TA 87 bis 94).

WEB sind mit den regionalplanerischen Zielen zum Tourismus nicht vereinbar

Für den Bereich Tourismus wurde ein Fachbeitrag der betroffenen Tourismusverbände Sauerland-Tourismus e.V. und Touristikverband Siegerland-Wittgenstein e.V. erstellt und in den Regionalplan aufgenommen. Dieser formuliert Ziele (Plansätze 3.2-1 bis 3.2-4), die von den WEB direkt durchkreuzt werden. Insoweit leidet der Regionalplanentwurf an sachlichen Widersprüchen, wo er die Aufgabe hätte, die Widersprüche aufzulösen und den Raum zu ordnen. Für den Tourismus „in der Fläche“ ist die landschaftliche Attraktivität (Vortrag Tourismus, S. 9) das wesentliche Kapital. Dagegen zeugt die Windkraftplanung keineswegs von dem dort geforderten „behutsamen Umgang mit dem Raum“ (Vortrag Tourismus, S. 9).

Zwar sollen sich neue „Einrichtungen für Erholung, Sport, Freizeit und Tourismus in das bestehende Orts- und Landschaftsbild einfügen und seinem grundlegenden Charakter entsprechen“ (Plansatz 3.2-2), aber erstaunlicherweise soll das gerade für 220 m und höhere Windräder nicht gelten! So ist von WEB zu touristisch bedeutsamen Landschaftsteilen (Seen) und Einrichtungen (Sauerland-Höhenflug, Sauerland-Waldroute, Rothaarsteig, Lahnwanderweg) ein viel zu geringer Abstand von lediglich 660 m einzuhalten (Begründung, Seite 141). Schon bei Eiswurfgefahr von WEA in einem Abstand von nur 660 m müssten diese Bereiche aus Sicherheitsgründen gesperrt werden. Mit der Vorgabe, dass die überregionale Freizeit- und Erholungsfunktion gesichert und weiterentwickelt werden soll und dass konkurrierende Nutzungen mit dem Anspruch der erholungssuchenden Bevölkerung an die Landschaft als Regenerationsraum in Einklang gebracht werden sollen (Plansatz 3.2-1), sind die dargestellten WEB also nicht zu vereinbaren.

Die von den Windparks betroffene Region Südwestfalen profitiert im Tourismus von seiner bisher weitestgehend unberührten Landschaft. Sie bildet über ihre natürlichen und kulturellen Inhalte und Potentiale die Grundlage für den Tourismus und für Freizeitaktivitäten. Sie ist dadurch zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor geworden

Im Rahmen touristischer Trends sind natur- und landschaftsbezogene Aktivitäten immer wichtiger. Dabei stehen unterschiedliche Aspekte im Vordergrund: das bewusste Erleben von Natur und Kultur, lokale Authentizität oder die Erfahrung von unverfälschten, gewachsenen Kulturlandschaften.

Die Touristen, die hier Urlaub machen, möchten die Natur und die Ruhe genießen und sich vom oftmals stressigen und lauten Alltag der Großstädte erholen. Die Altersklasse der Urlauber erstreckt sich von jung bis alt. Sie alle möchten die Natur hier genießen und kleine oder große Wandertouren z.B. im Rothaargebirge und seinen Ausläufern unternehmen. Das Landschaftsbild ist für unsere Regionen eine starke touristische Attraktivität; dieses Landschaftsbild ist maßgeblich dafür, dass Wanderfreunde und Naturliebhaber bei uns Urlaub machen. Doch dieses Landschaftsbild würde durch den massiven Ausbau der Windindustrieanlagen zerstört bzw. zerstückelt, denn Windkraftanlagen in der vorgesehenen Höhe auf den Höhenzügen prägen das Landschaftsbild über viele Kilometer hinweg.

Es ist davon auszugehen, dass der Tourismus angesichts des geplanten Windkraftausbaus in unseren Regionen nachlassen wird und sich Gäste für andere Urlaubsregionen entscheiden werden.  Stammgäste werden abwandern, da gerade sie auf Veränderungen sensibel reagieren. Dies zeigen bereits Erfahrungen aus anderen Regionen wie Hunsrück und Eifel. Auch andere Studien weisen bereits auf die negativen Auswirkungen der Windenergie auf den Tourismus hin.

WEB beeinträchtigen den Grundwasser- und Gewässerschutz

Im Fachbeitrag Wasserwirtschaft zum Regionalplan wird ausgeführt, dass die Planungen und Maßnahmen dazu beitragen sollen, die Gewässer mit ihren vielfältigen Leistungen und Funktionen als Bestandteil des Naturhaushalts, als Lebensgrundlage des Menschen, als Lebensraum für Tiere und Pflanzen sowie als nutzbares Gut nachhaltig zu sichern… (S. 2 Abs. 2 Wasserwirtschaftlicher Fachbeitrag). Definierte Umweltziele sind, Belastungstrends umzukehren und Schadstoffeinträge zu verhindern oder zu begrenzen.

In den Blattschnitten treten sehr häufig Überlagerungen der (blau schraffierten) Wasserschutzgebiete (BGG Bereiche für Grundwasser- und Gewässerschutz) mit den Windenergiebereichen (WEB) auf. Dabei stellt der Plan selbst fest, dass die Wassergewinnung stets Vorrang vor dem Abbau von Bodenschätzen hat (S. 123 textliche Festlegungen). Festzustellen bleibt, dass also für den Abbau von Bodenschätzen und die Errichtung von WEB nicht mit gleichen Maßstäben gemessen wird. Dabei ist die Errichtung von Windenergieanlagen ein ebenso schwerer Eingriff in den Boden wie der Abbau von Bodenschätzen. Windenergieanlagen führen regelmäßig zu großflächigen Versiegelungen, nicht nur für die Fundamente der Türme selbst, sondern für die Errichtung von Zuwegungen zur Erschließung und von Lager- und Montageplätzen sowie für Wartungsbereiche (Kranaufstellflächen). Auch die unvermeidbare großflächige Verdichtung von Waldböden ist nicht rückgängig zu machen und daher hinsichtlich der Auswirkungen auf die Trinkwasserförderung einer Versiegelung gleichzustellen und damit auch insoweit grundwasserschädlich. Genau dies möchte der Plan (S. 121 textliche Festlegungen) ausschließen: „raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen, die großflächige Versiegelungen zur Folge haben, sind auszuschließen“.

Die Fundamente moderner Windturbinen, die im Regionalplan als Referenzanlagen zugrunde gelegt werden, verbrauchen je ca. 3.500 Tonnen Beton und Stahl, was allein schon eine erhebliche Bodenpressung verursacht. Das ist genug für ca. 20 konventionell gebaute Wohnhäuser! Unter Hinzurechnung des Gewichts der Windindustrieanlage selbst wird ein Gesamtgewicht von deutlich über 7.000 Tonnen erreicht und das auf einer Fundamentfläche von nur ca. 420 m². Wasserverbindungen im Erdboden werden dadurch regelrecht abgeschnitten – mit erheblichen nachteiligen Folgen für die Wasserversorgung von Mensch, Flora und Fauna.

Die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen selbst sind zudem wassergefährdend, weil sie mit grundwassergefährdenden Schmierstoffen und Hydraulikölen in erheblicher Menge und teilweise mit Dieselaggregaten für den sogenannten Trudelbetrieb gefahren werden. Hinzu kommt, dass bei einem nicht selten vorkommenden Brand, der wegen der Nabenhöhe niemals von der Feuerwehr aktiv bekämpft werden kann, krebserregende Brandstäube (sogenannte „fiese Fasern“) an die Umwelt abgegeben werden, die bei der Verbrennung des carbonfaserverstärkten Kunststoffs der Rotorblätter entstehen. Dort, wo dieser extrem gesundheitsschädliche Staub sich absetzt, ist aus Gründen des Gesundheitsschutzes ein Bodentausch, innerhalb von BGG also ein Abtrag der ein Wasservorkommen schützenden Filterschichten erforderlich. Im Umweltbericht findet sich zu diesen Auswirkungen von WEA auf die Umwelt nichts.

Der regionalplanerische Trinkwasserschutz wäre daher ausgehebelt, nur weil man der Errichtung und dem Betrieb von Windkraftanlagen aus politischen Gründen keine Hindernisse in Trinkwasserschutzgebieten bereiten möchte und aus ideologischen Gründen dafür nicht die gleichen Maßstäbe wie für andere potenziell wassergefährdende Nutzungen anlegen möchte. Man verschließt die Augen davor, dass Windenergieanlagen mit dem Gewässerschutz nicht vereinbar sind.

WEB gehören nicht in den Wald und in Landschaftsschutzgebiete

Die Auswirkungen auf den Natur- und Landschaftsschutz müssen ebenso kritisch beleuchtet werden. Windkraftanlagen werden negative Folgen für die Ökosysteme und die Erholungsqualität haben. Das Landschaftsbild wird nachhaltig negativ und dauerhaft durch die mehr als 240 m hohen Windräder beschädigt. Gewohnte Maßstabbilder gehen verloren: ein Kirchturm ist 20-40 m hoch, ein Windrad 200-250 m. Man bedenke, dass diese Windräder zum überwiegenden Teil auf 400-600 m hohen Bergkämmen stehen sollen. Diese Industrieanlagen thronen also mit über 800 m über den Orten in den Tälern der Naherholungsgebiete, die NRW (noch) zu bieten hat. Bedenkt man, dass der Kölner Dom mit seinen „nur“ 157 m Höhe weithin sichtbar ist und der Stadt Köln seine unverwechselbare Silhouette gibt, so sollen es künftig noch weitaus höhere Windräder sein, die das Rothaargebirge und die Homert bis über die Grenzen NRWs in ein Industriegebiet verwandeln würden.

Die weithin sichtbaren Masten zerstören Orientierungsmerkmale und die Einzigartigkeit und Schönheit der Landschaft; besonders gefährdet sind Kämme, Kanten und Gipfel. Auch kulturell wertvolle Objekte (Kirchen, Schlösser) sind gefährdet. Dabei ist die südwestfälische Landschaft von ihren Kammgebirgen geprägt, von deren Höhen sich dem Wanderer und Sportler freie Blicke zum Horizont bieten. Genau diese Einzigartigkeit wird durch den massiven Ausbau der Windkraft zerstört.

Lichtsignale und Befeuerung der WKA in der Nacht verhindern eine typisch ländliche „Nachtlandschaft“ – eine Lichtverschmutzung der Natur enormen Ausmaßes. Die Auswirkungen des Lichtsmogs auf die Tierwelt sind wissenschaftlich anerkannt: Aussterben vieler nachtaktiver Insekten und enorm störende Einflüsse auf den biologischen Tag-Nacht-Zyklus der Waldtiere.

Die Rotorgeräusche bei Tag und Nacht machen eine ungestörte Wahrnehmung der Landschaft und Naturgeräusche unmöglich. Sie verursachen eine akustische Dauerbelastung.

Allein in den vier norddeutschen Bundesländern mit entsprechend hoher Dichte von Windkraftanlagen sterben jedes Jahr 8.500 Mäusebussarde und 250.000 Fledermäuse – inklusive streng geschützter Arten! Viele Vogelarten sind so massiv durch Windkraftanlagen gestört, dass sie ihre Brut- und Ruheplätze verlassen. Davon sind insbesondere auch bedrohte Arten wie der Schreiadler und der bei uns heimische Rotmilan stark betroffen. Im Umweltbericht (Steckbriefe) werden diese voraussichtlichen Auswirkungen entweder gar nicht gesehen oder grundlos als nicht erheblich bewertet. 

Der Umweltbericht ist unvollständig

Der Umweltbericht zu Plansatz 8.1-1 Z ist auch ansonsten fehlerhaft. Er ist in rechtlich relevanter Weise unvollständig. Bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen ist von der für den Raumordnungsplan zuständigen Stelle eine Umweltprüfung durchzuführen, in der die voraussichtlichen erheblichen Auswirkungen des Raumordnungsplans auf die in § 8 Abs. 1 Satz 1 Raumordnungsgesetz (ROG) genannten Schutzgüter zu ermitteln und in einem Umweltbericht frühzeitig zu beschreiben und zu bewerten sind. Die Umweltprüfung bezieht sich auf das, was nach gegenwärtigem Wissensstand und allgemein anerkannten Prüfmethoden sowie nach Inhalt und Detaillierungsgrad des Raumordnungsplans angemessener Weise verlangt werden kann (§ 8 Abs. 1 Satz 3 ROG). Der Umweltbericht zum Entwurf des Regionalplans genügt diesen Anforderungen nicht und hält deshalb zum Thema Windenergie einer rechtlichen Prüfung schon im Ansatz nicht stand:

Klima und Boden

Die nach gegenwärtigem Wissenstand bekannten Auswirkungen des Betriebs von Windparks auf das Klima und den Boden sind in den Steckbriefen nicht beschrieben und bewertet worden. Windturbinen entziehen dem Ausgleich zwischen Hoch- und Tiefdruckgebieten die Energie. Der Wind ist also hinter einer Windturbine langsamer und turbulenter.  Diese Wirbel wälzen die untersten Luftschichten auf km um und stören die Windturbinen dahinter. Statistisch wälzen die heute installierten Windrotoren die wetterbestimmende Luftschicht von bis 1500 m Höhe einmal im Monat um. Es verändert sich also die Temperatur großflächig über Windparks. Die 30.000 Windräder in Deutschland haben die Temperatur der Bundesrepublik bereits um 0,27 Grad Celsius erhöht. Windparks können also nachweisbar das Wetter und damit das Klima verändern, dass sie eigentlich schützen sollen. Zudem tauscht die verwirbelte Luft hinter Windrotoren insbesondere bodennahe durch Bodenverdunstung wasserdampfgesättigte Luft mit trockener aufnahmebereiter Luft aus 200 m Höhe aus. Regionen (in Deutschland) mit beobachtet trockenen Böden stimmen auffällig mit Standorten von Windparks überein. Es ist nach den allgemein anerkannten Prüfmethoden also davon auszugehen, dass die hiesigen Waldböden durch Windräder noch mehr austrocknen und damit den geschwächten Wald im Bereich der WEB noch mehr unter Stress setzen.

Infraschall

Die Auswirkungen des von Windrädern in der Größenordnung der Referenzanlage (220 m Gesamthöhe) erzeugten Infraschalls auf die Anwohner sind im Umweltbericht ebenfalls nicht beschrieben und bewertet worden. Dabei gehen nachweislich von solchen Großanlagen wegen der Höhe und den großen Rotoren auch bei tieffrequentem Schall höhere Schalldrücke aus, die bei einem Abstand von mehr als 1.000 m zur Wohnbebauung noch Gesundheitsgefahren für Mensch und Tier auslösen können. Tieffrequenten Schall (Infraschall) kann man, ähnlich wie Radioaktivität, mit seinen Sinnen nicht wahrnehmen. Messungen unserer Mitglieder in Südwestfalen haben ergeben, dass der von Windrädern erzeugte Infraschall noch in Entfernungen auch von deutlich mehr als 2 km von anderen Infraschallquellen unterscheidbar ist. Es gibt mangels entsprechender Forschungen in Bezug auf solche erst seit kurzem an Land verbauten Anlagen derzeit keinen verlässlichen Nachweis, dass der Infraschall der hier in den Kreisen MK, OE und SI geplanten Großwindanlagen für empfindliche Menschen ungefährlich ist. In anderen Ländern beträgt der Mindestabstand zu WEA daher 2.000 m (Irland, Schottland, Neuseeland, Australien, USA, Kanada). Schon bei Anlagen unter 100 m Höhe klagen viele betroffene Anwohner von Windrädern über Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Unwohlsein, Konzentrationsschwäche und ähnliche Beeinträchtigungen. Das Umweltbundesamt hat nunmehr angekündigt, dazu eine Studie in Auftrag zu geben. Solange keine Entwarnung gegeben werden kann, muss eine Entscheidung über den Regionalplan entweder insoweit bis zu einer Klärung ausgesetzt werden oder der Mindestabstand zwischen Wohnbebauung und WEB muss unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenvorsorge bis auf Weiteres auf 2.000 m erhöht und damit an internationale Standards angepasst werden.

Aufhebung bestehender Landschaftsschutzgebiete

Die Auswirkungen der vollständigen Aufhebung der bereits bestehenden Landschaftsschutzgebiete in den als WEB dargestellten Bereichen sind im Umweltbericht weder erwähnt, noch bewertet worden. Im Bereich der WEB sind die zeichnerischen Darstellungen für die Bereiche zum Schutz der Landschaft und Erholung (BSLE) ausgestanzt. Eine Begründung dazu fehlt. Weil der Regionalplan zugleich als Landschaftsrahmenplan Bindungswirkungen erzeugt, müssen die Kreise als Träger der Landschaftsplanung die bestehenden Landschaftsschutzgebiete innerhalb der WEB – insgesamt auf tausenden von ha – außer Kraft setzen. Die Planung im Entwurf weicht in diesem Punkt von den neueren Regionalplänen für andere Regionen (z.B. Regierungsbezirk Düsseldorf) in NRW ab. Dort werden die BSLE lediglich von WEB überlagert. Die textlichen Festsetzungen für die betroffenen Landschaftsschutzgebiete müssen bei einer Überlagerung von den Kreisen nur dahingehend angepasst werden, dass in den WEB das Bauverbot ausschließlich für WEA nicht mehr gilt. Nach dem Entwurf für die hiesige Teilregion müssen die Kreise den Gebietsschutz für die Landschaft in den WEB komplett (nicht nur für die Windkraft) aufheben und damit für alle baulichen oder sonstigen Nutzungen freigeben!

Die möglichen Auswirkungen dieser Beseitigung des normativen Schutzes für die Landschaft in den als WEB dargestellten Gebieten hat der Regionalrat im Umweltbericht nicht beschrieben, obwohl evident ist, dass solche Auswirkungen (fehlender Schutzstatus) nachteilig und erheblich für das betroffene Schutzgut sein können. Da die auf der Hand liegenden Auswirkungen der Rücknahme des über die Windkraftnutzung hinausgehenden landschaftsrechtlichen Gebietsschutzes auf Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt nicht dargestellt werden, ist das ein eklatanter Verstoß gegen § 8 Abs. 1 Satz 1 Raumordnungsgesetz.

Mit freundlichen Grüßen

Matthias Reißner Frank Dubberke
(Sprecher) (Sprecher)